| Veranstaltung: | Synodaler Ausschuss 2025 |
|---|---|
| Antragsteller*in: | Kommission III (dort beschlossen am: 17.10.2025) |
| Status: | Eingereicht |
| Eingereicht: | 21.11.2025, 15:03 |
Handlungstext "Gemeinsam beraten und entscheiden" - Vorlage TOP 5.1
Antragstext
Der Handlungstext will einen Orientierungsrahmen für die Weiterentwicklung und
Gestaltung synodaler Strukturen auf Diözesan- und Pfarreiebene geben. Er
unterstützt ausdrücklich diözesane Regelungen, regt sie an und hilft, sie
zukünftig vergleichen zu können. Ziel ist eine gelebte Kultur gemeinsamen
Beratens und Entscheidens. In ihr konkretisieren sich der Anspruch der Teilhabe
aller am Sendungsauftrag der Kirche sowie Transparenz und Gewaltenteilung als
Ausdruck von Synodalität.
Der Handlungstext gründet in der vielfach belegten Erkenntnis, dass Missbrauch,
seine Ermöglichung und Vertuschung durch systemische Faktoren
(Machtkonzentration, fehlende Machtkontrolle, Spiritualisierung des
Machtgefälles) ermöglicht und begünstigt wurden und werden. Als systemische
Konsequenz sollen neue Möglichkeiten der qualifizierten Beteiligung aller
Getauften an Beratung und Entscheidung auf allen kirchlichen Ebenen geschaffen
werden.
Synodale Formen des Beratens und Entscheidens sind in der Römisch-katholischen
Kirche auf universaler, nationaler und diözesaner Ebene in vielfältiger Form
bereits eingeübt. Der Handlungstext erinnert an die theologischen Grundlagen
synodaler Formen des Beratens und Entscheidens, die in den Texten des II.
Vatikanischen Konzils sowie in den Dokumenten der Weltbischofssynode (2023 und
2024) zur Sprache kommen. Der Beschluss bezieht sich auf die synodalen Ordnungen
in den Diözesen in Deutschland und möchte Transparenz und Vergleichbarkeit
fördern. Durch eine hohe Vielfalt an einbezogenen Perspektiven und den
wechselseitigen Austausch in geistlicher Atmosphäre, die Stille und Gebet
einschließt, kommt der Glaubenssinn aller Gläubigen zum Ausdruck und der
religiösen Intuition vieler Menschen, ihren Charismen und Kompetenzen wird
Rechnung getragen. Dadurch soll die Qualität von Entscheidungen und damit deren
Autorität und Rezeption umfassend gestärkt werden.
In dem Bewusstsein, dass diözesane Besonderheiten und bestehende
unterschiedliche Voraussetzungen in den (Erz-)Diözesen Berücksichtigung finden
sollen, will der Text neue Gestaltungsräume für Synodalität aufzeigen und dazu
anregen, sie in den Bistümern in konkrete Strukturen zu überführen. Wie eine
Umfrage im Auftrag der Kommission III des Synodalen Ausschusses gezeigt hat,
wird durch diesen Handlungstext eine bereits in zwei Dritteln der deutschen
Diözesen bestehende bzw. im Entstehen begriffene Wirklichkeit abgebildet,
fundiert und vereinheitlicht.
In seiner Lehre über die Kirche betont das II. Vatikanische Konzil sowohl die
gemeinsame Berufung aller Gläubigen zur Teilnahme an der Sendung der Kirche als
auch die unterschiedlichen Berufungen und Begabungen innerhalb des Gottesvolkes
(LG 32). Christus hat seine Kirche mit unterschiedlichen Charismen beschenkt;
der eine Leib hat viele Glieder, „die nicht alle den gleichen Dienst verrichten“
(Röm 12,4-5). In diesem Sinn erklärt das Konzil und ähnlich auch das kirchliche
Gesetzbuch von 1983, dass „eine wahre Gleichheit in der allen Gläubigen
gemeinsamen Würde und Tätigkeit zum Aufbau des Leibes Christi“ waltet (LG 32;
vgl. can. 208 CIC). Alle Gläubigen haben je nach ihrer eigenen Stellung und
Aufgabe Anteil an den drei Ämtern Christi, des Hirten, Priesters und Propheten
(LG 10-12 / can. 204 CIC).Bischöfe und Priester sind zu Hirten des Gottesvolkes
bestellt (LG 18 u.a., can. 375 § 1 CIC) undüben im Volk Gottes ihr Amt aus,
indem sie im Namen Jesu das Evangelium verkünden, in seinem Auftrag die
Eucharistie feiern und die Sakramente spenden. Den Bischöfen kommt eine
besondere Verantwortung im Dienst an der Einheit der Kirche zu (LG 23; can. 386
§ 2 i.V.m. can. 392 CIC). Daraus folgt die Aufgabe der Leitung der ihnen
anvertrauten Teilkirche (LG 27; can. 375 CIC). Ihre Aufgaben können die Bischöfe
nur im Kollegium der Bischöfe in Gemeinschaft mit dem Bischof von Rom sowie in
enger Verbindung mit dem ganzen Gottesvolk realisieren, „da ja die Hirten und
die anderen Gläubigen in enger Beziehung miteinander verbunden sind“ (LG 32)
Daran anknüpfend und die konziliare Ekklesiologie vertiefend führt das
Abschlussdokument der Weltbischofssynode aus: „In der synodalen Kirche ist die
ganze Gemeinschaft in der freien und reichen Verschiedenheit ihrer Mitglieder
zusammengerufen, um zu beten, zu hören, zu analysieren, miteinander zu sprechen,
zu unterscheiden und sich zu beraten, um die pastoralen Entscheidungen zu
treffen, die Gottes Willen am besten für die Sendung entsprechen. Eine synodale
Kirche kann gefördert werden, indem eine stärkere Beteiligung des gesamten
Volkes Gottes an Entscheidungsprozessen unterstützt wird.“ (Nr. 87)
Synodale Gremien auf nationaler, diözesaner oder pfarrlicher Ebene setzen die im
Kirchenrecht festgelegte Autorität der kirchlichen Amtsträger nicht außer Kraft,
sondern stärken diese. Zudem hat Papst Franziskus am 25.11.2024 in seiner
"Begleitenden Note zum Abschlussdokument der XVI. Ordentlichen
Generalversammlung der Synode der Bischöfe" erklärt, dass "Synodalität der
angemessene Interpretationsrahmen für das hierarchische Amt" ist. Deshalb gehört
es zur Aufgabe eines Bischofs, in der von ihm geleiteten Diözese verbindliche
Strukturen der Mitwirkung und Mitbestimmung der Gläubigen aufgrund ihrer
Verantwortung in allen wesentlichen Fragen des kirchlichen Lebens und der
kirchlichen Sendung zu schaffen und Entscheidungen gemeinsam im verbindlichen
Zusammenwirken mit den synodalen Gremien der Diözese zu treffen.
Ein Weg, dieses Zusammenspiel von gemeinsamer Verantwortung und Leitungsamt
verbindlich zu gestalten, besteht im gemeinsamen Erlass von synodalen Ordnungen,
die Beratungs- und Entscheidungsprozesse für alle Seiten verlässlich regeln. Die
Weltsynode betont, dass Beraten und Entscheiden eng zusammengehören
(Schlussdokument Nr. 92). Die bischöfliche Leitungsvollmacht ist unverzichtbar,
aber nicht unbegrenzt; sie steht „im Dienst der Gemeinschaft und der Annahme
Christi“, „der die Wahrheit ist, zu der uns der Heilige Geist in verschiedenen
Momenten und Kontexten führt (vgl. Joh 14,16)“ (Nr. 91). Die Bischöfe sollen die
Gläubigen nicht nur in die Beratungs-, sondern auch in die Entscheidungsprozesse
einbinden, die auf geistlichen Unterscheidungen beruhen (Schlussdokument Nr.
92). Die Bischöfe müssen sowohl über die Entscheidung, insbesondere wenn sie vom
Beratungsergebnis abweichen sollte, als auch über deren Umsetzung Rechenschaft
ablegen (Schlussdokument Nr. 99); sie sollen eine regelmäßige Evaluation des
gesamten Prozesses verantworten (Schlussdokument Nr. 100). Das Ziel der
synodalen Prozesse ist die Stärkung der Gemeinschaft im Dienst der kirchlichen
Sendung: „Im Gebet und im geschwisterlichen Dialog haben wir erkannt, dass die
kirchliche Unterscheidung, die Sorgfalt bei Entscheidungsprozessen sowie die
Verpflichtung zur Rechenschaft und zur Evaluation unserer Entscheidungen
Praktiken sind, mit denen wir auf das Wort antworten, das uns die Wege der
Sendung weist“ (Schlussdokument Nr. 79). Wenn es nicht kurzfristig zu
Veränderungen kommt, so das Abschlussdokument, „wird die Vision einer synodalen
Kirche nicht glaubwürdig sein, und dies wird diejenigen Mitglieder des Volkes
Gottes entfremden, die aus dem synodalen Weg Kraft und Hoffnung geschöpft haben.
Die Ortskirchen müssen Wege finden, um diese Veränderungen umzusetzen“ (Nr. 94).
Die Diözesanbischöfe erlassen mit Zustimmung der bestehenden synodalen Gremien
der Diözesen Ordnungen für die Diözesen und Ordnungen für die Pfarreien über
verbindliche Verfahren und Regeln der gemeinsamen Beratung und Entscheidung von
Leitungsamt und synodalen Gremien. Im Zentrum der Ordnungen steht das Prinzip
der Synodalität, d.h. die Suche nach verbindlichen Wegen gemeinsamen Beratens
und Entscheidens. Die Ordnungen tragen den Besonderheiten der Diözesen vor Ort
Rechnung. Neue Gremien müssen durch sie nicht geschaffen werden. Stattdessen
sollen die bestehenden synodalen Räte und Gremien zu synodalen Gremien der
Mitverantwortung und Mitentscheidung weiterentwickelt werden.
Die Verfahren müssen Öffentlichkeit herstellen; sie müssen transparent sein; sie
haben Rechenschaftslegung und Kontrolle zu garantieren. Die Ordnungen sind so zu
gestalten, dass eine möglichst hohe Qualität und Effizienz der Beratungen und
Entscheidungen gewährleistet wird – zum Beispiel durch die Klärung von
Zuständigkeiten, den Abbau von Doppelstrukturen, die organisatorische
Weiterentwicklung bestehender Gremien und Räte und ihre stärkere Vernetzung.
Für seine Diözese erlässt der Bischof mit Zustimmung der bestehenden synodalen
Gremien der Diözese eine Rahmenordnung, in der die gemeinsame Verantwortung der
Gläubigen und des Bischofs durch Mitberatungs- und Mitentscheidungsrechte von
repräsentativ gewählten Gläubigen verbindlich geregelt ist. Beim Erlass dieser
Ordnung sind die pastoralen Situationen, die regional unterschiedlich sind,
ebenso zu beachten wie die bisherigen Erfahrungen und Strukturen der Ortskirche.
Um die Mitberatungs- und Mitentscheidungsrechte zu sichern, wird ein Synodales
Gremium der Diözese aus den bestehenden Räten weiterentwickelt. In diesem
Gremium werden grundlegende Themen von bistumsweiter Bedeutung gemeinsam beraten
und entschieden.
Die Ordnung trägt zentralen Aussagen im Abschlussdokument der Weltsynode
Rechnung und definiert Synodalität als Lern- und Erfahrungsprozess und als
geistliches Geschehen. Für sie sollen folgende Standards gelten:
- Das Synodale Gremium der Diözese setzt sich zusammen aus geborenen,
entsandten und gewählten Mitgliedern, wobei die Mehrheit gewählt werden
sollte. Die gewählten Mitglieder werden in freien, gleichen und geheimen
Wahlen gewählt. Es bildet in seiner Zusammensetzung das Volk Gottes in der
Diözese mit seinen verschiedenen ehren- und hauptamtlichen Gruppierungen,
Verbänden, Organisationen und Diensten ab und wird möglichst geschlechter-
und generationengerecht zusammengesetzt.
- Es ist darauf zu achten, dass die thematischen Anliegen aller Getauften
und Gefirmten einer Diözese im Blick bleiben, auch wenn sie diese nicht
selbst vortragen können. Dies gilt insbesondere für Menschen, die aufgrund
gesundheitlicher Beeinträchtigungen, Pflichten bei Care-Diensten oder
anderer Gründe nur begrenzt Möglichkeiten der Partizipation an synodalen
Prozessen haben. Meinungen und Interessen von Minderheiten sind bei
synodalen Beratungen in besonderer Weise zu beachten und mitzubedenken.
- Die Ordnung benennt die Themen, über die verbindlich gemeinsam beraten und
entschieden wird: insbesondere Leitlinien für die Pastoral; weitreichende
Änderungen der seelsorgerlichen, organisatorischen, rechtlichen und
finanziellen Praxis und Strukturen; Gesetzes- und Normsetzungsvorhaben von
grundlegender Bedeutung, pastorale Grundsätze für den Bistumshaushalt. Das
Synodale Gremium hat das Recht, mit einfacher Mehrheit Themen selber zu
setzen.
- Die Ordnung beinhaltet darüber hinaus Regelungen zur Rechenschaftspflicht
der bischöflichen Leitung und der Leitungsstrukturen eines Bistums und zur
Transparenz von gemeinsamen Beratungs- und Entscheidungsstrukturen.
Das Beraten und Entscheiden im Synodalen Gremium zielt auf die Erreichung
weitreichender Konsense, die Parteilichkeiten verhindern oder überwinden.
- Eine rechtsverbindliche Entscheidung kommt zustande, indem das Synodale
Gremium einen Beschluss fasst und der Bischof diesem Beschluss zustimmt
und ihn in Kraft setzt.
- Für den Fall, dass keine Einigung zustande kommt, sieht die Ordnung ein
Verfahren zur Konsensfindung vor mit dem Ziel, im erforderlichen
zeitlichen Rahmen der Entscheidungsfindung für die strittigen Fragen doch
noch eine einvernehmliche Lösung zu finden oder eine solche, gegen die
keine Seite gravierende Einwände vorbringt.
- Führt auch dieses Verfahren zu keiner Lösung, erweist sich die
Beschlussfassung aber als dringlich, kann der Bischof in Wahrnehmung
seiner Leitungsverantwortung auch ohne Zustimmung des Synodalen Gremiums
eine Entscheidung treffen. Dies wird er nur in Ausnahmefällen tun und
gewissenhaft begründen.
Gemeinsame Beratung und Entscheidung gilt auch im Umgang mit den Finanzen.
Hierzu legt jedes (Erz-)Bistum fest, welche Gremien über den Haushalt, den
Jahresabschluss und die Entlastung der Finanzverantwortlichen entscheiden. Die
Kompetenzen können auf mehrere Gremien aufgeteilt werden, deren Mehrheit aus
gewählten Mitgliedern besteht. Um die synodale Mitwirkung in Finanzfragen zu
erleichtern, etabliert jedes (Erz-)Bistum einheitliche Transparenzstandards und
eine unabhängige Finanzrevision.
Für die Pfarreien erlässt der Bischof mit Zustimmung der bestehenden synodalen
Gremien der Diözese eine Ordnung für deren Fortentwicklung zu synodalen Gremien
der Mitverantwortung und Mitentscheidung. Darin ist unter Berücksichtigung der
örtlichen Gegebenheiten die gemeinsame Verantwortung der Gläubigen und des
Pfarrers durch Mitberatungs- und Mitentscheidungsrechte von repräsentativ
gewählten Gläubigen verbindlich geregelt.
- Verbindlicher Katalog von Themen die Pfarrei betreffend, über die
gemeinsam beraten und entschieden wird.
- Rechenschaftspflicht des Pfarrers, des Pastoralteams und der (Finanz-
)Verwaltung gegenüber dem Gremium.
- Ein transparentes Verfahren, welches das gemeinsame Entscheiden von
Pfarrer und Synodalem Gremium regelt und das auf Konsensfindung
ausgerichtet ist.
- Bei erfolgloser Einigung die Möglichkeit, einer vom Bischof zu benennenden
Stelle die Sache zur Entscheidung vorzulegen.
Die Weltsynode räumt der regelmäßigen Evaluation eine wichtige Rolle ein. Der
Bischof und das Synodale Gremium der Diözese überprüfen in diesem Sinne in
regelmäßigen Abständen die Ordnungen für die synodalen Gremien und ihre
Umsetzung in der Diözese. So entwickeln sie die Strukturen verbindlicher
Mitentscheidung kontinuierlich fort.
Die Evaluationsergebnisse werden dem Synodalen Gremium der katholischen Kirche
in Deutschland zugänglich gemacht, um sie dort zu bündeln. Von dort aus werden
ggf. – im Sinne eines synodalen Lernens von- und miteinander – Impulse zur
Weiterentwicklung der synodalen Strukturen in den Diözesen gegeben.
